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Laila Biali begeisterte am Dienstagabend im Fürstensaal. - Alle Fotos: Martin Engel

FULDA "Rainy day outside, sunny people inside"

Good Vibrations beim Jazzkonzert mit Laila Biali im Fürstensaal

27.04.22 - Eigentlich dachte ich, es gäbe in diesem Universum nur eine Frau mit dem One-Million-Dollar-Lächeln. Heute wurde ich eines Besseren belehrt. Laila Biali, deren Mutter eine Bäckerstochter aus Kassel war, die sich nach Kanada verliebte, Laila Biali, die in der besten Tradition kanadischer Jazz-Sängerinnen von Joni Mitchell bis Diana Krall steht, nimmt es mühelos mit Julia Roberts auf. Und so gilt für diesen ganzen, beschwingten Abend im Fürstensaal: Rainy day outside, sunny people inside.

Die Fuldaer schmolzen dahin

Als Laila Biali nach über zwei Stunden die zweite Zugabe gab, hatte sie die Herzen des Fuldaer Publikums längst erobert, aber mit ihrer Version des Cole Porter-Songs "Night and Day", den sie in eine Liebeserklärung an die Stadt verwandelte, sorgte sie dann für restlose Begeisterung. Denn wer ein echter Fuldaer ist, der singt diese amerikanische Version von "Ich bin in Fulda verliebt” natürlich genauso inbrünstig mit: "Night and day, I think of you, night and day, you are the one – Fulda, whether near to me or far – Fulda!"

Dass Laila Biali überhaupt in Fulda auftrat, verdanken wir der Spürnase von Christoph Stibor, der bei einem Plattenlabel auf sie stieß und sogleich alle Hebel in Bewegung setzte, um sie nach Fulda zu holen. Schon 2019 hätte das sein sollen, aber dann kam Corona. "Der Termin damals mit ihr wäre ihr allererstes Konzert in Deutschland gewesen", so Stibor in seiner Einführung. Natürlich war das Konzert ursprünglich im Schlosstheater vorgesehen, noch ist es nicht wiedereröffnet. Eine kurze Rücksprache ergab, dass die Kanadier auch im barocken Fürstensaal auftreten würden. Und so etwas hatten die drei noch nie gesehen, wie sie voller Bewunderung erzählten. In einem so schönen Raum hätten sie noch nie zuvor gespielt. Auch die gestrengen Herren Fürstäbte waren wohl erstaunt, mit für sie so fremdartiger Musik konfrontiert zu werden – denn Jazz hat man in diesen barocken Hallen bisher eher selten gehört. Dass der Fürstensaal eine Akustik hat, die höchste Ansprüche stellt und ziemlich tricky ist, bemerkten die Musiker schnell, hatten es aber gut im Griff. Laila Biali wurde begleitet von George Koller am Bass und Ben Wittmann an den Drums.

Von New York bis Zuckersucht

Zunächst entführte Laila Biali uns mit den beiden Songs "We Go” und "Got to Love" nach New York, die Stadt, die immer pulsiert und deren Herzschlag nie verstummt. In der Pandemie haben wir alle aber erleben müssen, dass man auch New York (fast) in die Knie zwingen kann, aber – they’re back! Dann sang sie "Yellow" von Coldplay – und eigentlich merkt man erst in Bialis Version, die allen musikalischen Coldplay-Bombast weglässt, was für ein guter Song das ist.

Wer ein erfahrener Entertainer ist, weiß, dass die Geschichten zwischen den Songs mindestens so wichtig sind wie die Musik. So lauschten wir alle amüsiert und verständnisvoll, als Laila Biali auf ihre Untugenden zu sprechen kam. Nein, weder Alkohol noch Zigaretten. Zucker! Sie sei zuckersüchtig. Alles habe sie versucht, sogar bei einer Betroffenengruppe auf Facebook mitgemacht, nichts habe geholfen. Aber immerhin habe die Sucht ihr einen Song beschert, und der hat den deutschen Titel "Zucker", eine Ode an das süße Leben. Ganz klar: Nur wer als kleines Mädchen bei den deutschen Verwandten den Satz "Kann ich bitte Schokolade auf mein Brot haben?" verinnerlicht hat, kann so ein herrliches Zuckerlied schreiben.

Persönliches in Musik gewandelt

In Laila Bialis Musik scheinen immer wieder wichtige Menschen oder Ereignisse ihres Lebens auf. Mal ist es ein Song über eine verstorbene Freundin, die "earthiness" mit Kosmopolitentum verband, die Künste liebte und Schriftstellerin war ("Wendy"). Dann ist es die Erinnerung an die Beziehung zu einem Freund, die wenig schön endete ("Upside Down") und in dem Drummer-Ehemann Ben ein "raging drum solo" spielen darf zur ausgleichenden Gerechtigkeit. Dann sind es die zärtlich-elegischen Gedanken an die liebsten Menschen, die man gerade nicht sehen kann und von denen man getrennt ist ("Satellite"). Oder ein sich Versöhnen mit allzu vielen schlaflosen Nächten, nachdem man verstanden hat, dass dieser Zustand zwischen Wachsein und Träumen besonders wichtig für Kreativität und Problemlösungen ist ("Alpha Waves").

Wie es überhaupt wunderbar ist, die Sängerin im musikalischen Gespräch mit ihrem Ehemann an den Drums, aber auch mit Bassist Koller zu erleben. Diese drei sind unglaublich gut aufeinander eingestimmt, sie lassen einander und ihre Instrumente glänzen, sie improvisieren, es war himmelschön. Ja klar, man kann die CD’s kaufen oder herunterladen, aber ganz ehrlich: Diese Sängerin hört man am allerbesten live, denn dann kann sie ihren Charme und ihre Persönlichkeit am besten entfalten.

Wunderbare Cover-Versionen

Zwischen ihre eigenen Lieder streute Laila Biali immer wieder Cover-Versionen ein. Natürlich auch von der Grande Dame des kanadischen Jazz, Joni Mitchell, von der sie "Woodstock" und "A case of you" sang. Letzteres sei eines der schönsten Liebeslieder überhaupt, denn es funktioniere in allen Stadien der Liebe – frisch verliebt, lange verliebt, ausgeliebt, sehnsüchtig nach Liebe oder der Liebe nachtrauernd. Sie hat einiges von Mitchell im Programm, und ihre Überlegung, vielleicht doch mal ein Tribute-Album zu machen, fände ganz sicher viele Bewunderer. Von David Bowie sang sie dessen ikonisches "Let’s Dance" in einer fast schon souligen Variante, Leonhard Cohens mystisch-dunkles "Show me the place" wird bei ihr weich und zärtlich, Neil Youngs "Heart of Gold" bringt sie in einer jazzig verfremdeten Form. Ich fand ihre Versionen von "Show me the place" und von "A case of you" sogar überzeugender als die Originale.

Wie beschreibt man am besten die Musik, die Laila Biali macht? Sie ist eminent zugänglich und gut hörbar, passt in die Jazzkneipe so gut wie in den Fürstensaal, zu einem Dinner for Two oder zu einem verregneten Sonntag. Sie mischt Einflüsse aus Jazz, Soul, Blues, Folk und Pop, ohne dabei glattgebügelt und zu Tode poliert zu sein. Sie ist wunderbar lyrisch und gleichzeitig verspielt. Sie ist eigenwillig und abwechslungsreich. Sie ist emotional und voller Klugheit. Sie eignet sich fremde Songs mühelos an und verwandelt sie. Bialis Stimme ist klar und tragend, leuchtet in der Höhe und ist samtig in den Tiefen.

Laila Biali ist in Deutschland noch nicht so bekannt, wie sie es aufgrund ihres Talents und ihrer Musik sein sollte – aber das dürfte sich mit ihrer aktuellen Tour ändern. In ihrem Heimatland Kanada hat sie bereits diverse Preise und Auszeichnungen eingeheimst. Wer heute im Fürstensaal dabei war, der ging mit dem Wunsch: Please, come again, Laila! (Jutta Hamberger) +++


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