Archiv
Die Gefahr für Waldbrände ist in Zeiten von extremer Hitze und geringem Niederschlag enorm - Archivfotos: O|N/Hans-Hubertus Braune/Philipp Apel/Gerhard Manns

REGION Stadtbrandinspektor Seelig über die Gefahren

"Waldbrände nicht unterschätzen" - Infos und Verhaltensregeln zur Feuerfalle

09.08.22 - In den kommenden Wochen soll das Wetter unverändert bleiben - sonnige Zeiten für alle. Doch diese Hitze und Trockenheit birgt auch Gefahren, die viele unterschätzen. Das Risiko für Waldbrände ist in solchen Zeiten umso höher. Aus diesem Grund ist es wichtig, sich ausreichend mit diesen Gefahren auseinanderzusetzen und sich zu informieren. OSTHESSEN|NEWS hat das Gespräch mit Christian Seelig, dem Stadtbrandinspektor der Feuerwehr Bad Hersfeld, gesucht. 

Stv. SBI Christian Seelig

O|N: Herr Seelig, Sie sind der Stadtbrandinspektor der Feuerwehr Bad Hersfeld. Wie viele Waldbrände gab es dieses Jahr in Ihrem Zuständigkeitsbereich?

"Die Feuerwehr Bad Hersfeld wurde am 17. Juli 2022 zu einem Waldbrand in Bad Hersfeld-Kalkobes alarmiert. Dort brannte der Wald auf einer Fläche von circa 2.500 qm. Weitere Waldbrände hatten wir in 2022 bisher nicht."

O|N: Wie oft sind Sie persönlich bereits bei Waldbränden im Einsatz gewesen? Wie gefährlich sind solche Brände für die Einsatzkräfte vor Ort?

"Ich war persönlich bei drei Waldbränden im Einsatz. Glücklicherweise treten diese nicht sehr häufig auf. Waldbrände bergen für die Einsatzkräfte der Feuerwehr eine Vielzahl von Gefahren. Exemplarisch ist die Brandausbreitung hervorzuheben. Durch trockene Pflanzenreste, wie Äste, abgestorbenes Holz und Laub, kann sich das Feuer am Waldboden ausbreiten. Man spricht in dieser Phase vom sogenannten Bodenfeuer, das mit Mitteln der Feuerwehr noch effektiv bekämpft werden kann. Insbesondere an Hanglagen und bei starken Winden kann es zu einer schnellen Ausbreitung des Bodenfeuers kommen. In der Regel werden bei Waldbränden daher Einsatzkräfte als Beobachter eingesetzt, um die Einsatzkräfte, die sich auf das Löschen konzentrieren, rechtzeitig zu warnen, falls der Wind drehen und das Feuer auf sie zukommen sollte.

Eine weitere Gefahr ergibt sich aus der momentanen Wetterlage und den damit verbundenen Temperaturen. Die Einsatzkräfte müssen zum Eigenschutz ihre Schutzbekleidung tragen. Dies hat zur Folge, dass die Einsatzkräfte bei der körperlichen Arbeit stark schwitzen und es zu einer Überhitzung kommen kann. Kreislaufprobleme können die Folge sein. Hier muss rechtzeitig durch genügend Trinken und entsprechende Ruhepausen vorgesorgt werden. Waldbrände sind daher sehr personalintensiv."
 

O|N: Genügend Gefahren für die Einsatzkräfte. Doch welche Gefahren herrschen durch einen Waldbrand für Anwohner?

"Gefahren für die Bevölkerung sind bei einem Waldbrand nicht zu unterschätzen. Die Bevölkerung sollte daher den Anweisungen der Feuerwehr dringend Folge leisten. Beispielsweise kann es geboten sein, dass Anwohner Fenster und Türen geschlossen halten. Der sich bei einem Waldbrand ergebende Brandrauch kann schädliche Gase und Chemikalien und Feinstaub enthalten und ist gesundheitsschädlich.

Kommt es zu einem Waldbrand in unmittelbaren Nähe zu einem Wohngebiet, kann eine Evakuierung notwendig werden. Hier besteht die Gefahr einer Ausbreitung des Waldbrands auf die Wohnbebauung. Ein sicheres Verlassen kann, nachdem das Feuer ein Wohngebiet erreicht hat, nicht immer möglich sein. Insbesondere könnten Straßen nicht mehr passierbar sein."

O|N: Gab es bisher, auch im Hinblick auf die aktuelle Trockenzeit, im Vergleich zu den letzten Jahren mehr Waldbrände?

"Diese Frage kann ich nicht eindeutig beantworten. Auch in den vergangenen Jahren gab es immer wieder Waldbrände, die durch verschiedene Ursachen - z. B. ein defektes Forstfahrzeug - ausgelöst wurden. Dies zeigt, dass die Ursache für die Entstehung eines Waldbrands nicht unbedingt in der anhaltenden Trockenheit der letzten Jahre liegen muss."

O|N: Hat die Feuerwehr besondere Schwierigkeiten in der aktuellen Wetterlage, was beispielsweise die Wasserversorgung angeht?

"Die Wasserversorgung ist bei einer Waldbrandlage immer eine zentrale Frage. Bei dem letzten größeren Waldbrand war die Feuerwehr in der glücklichen Lage einen in der Nähe befindlichen Hydranten nutzen zu können. Besteht diese Möglichkeit nicht, muss das Wasser über längere Entfernungen aus einem Gewässer oder Teich zu Einsatzstelle gefördert werden. Da Flüsse und Bäche aufgrund der Trockenheit nur noch niedrige Pegelstände haben, ist diese Möglichkeit nicht mehr flächendeckend gegeben. Alternativ muss dann das Löschwasser mit Tanklöschfahrzeugen zur Einsatzstelle gebracht werden. Hierzu werden dann mehrere Tanklöschfahrzeuge gebraucht, die ggf. aus dem gesamten Landkreis zusammengezogen werden müssen."
 

O|N: Wann müssen andere Löscheinheiten wie andere Feuerwehrstellen oder Helikopter miteingebunden werden?

"Waldbrände führen regelmäßig zu zeit- und personalintensiven Einsätzen. Je nach körperlicher Belastung der Einsatzkräfte benötigen diese Ruhepausen und müssen durch andere (frische) Einsatzkräfte abgelöst werden. Hierzu ist die personelle Hilfe anderer Feuerwehren nötig. Außerdem kann die Unterstützung anderer Feuerwehren mit speziellen Fahrzeugen - z. B. Tanklöschfahrzeugen - oder mit Spezialausrüstung zur Waldbrandbekämpfung erforderlich sein.

Es ist nicht unüblich, dass ein gemeldeter Waldbrand durch die Feuerwehr vom Boden aus nur schwer lokalisiert werden kann. Für die Erkundung ist daher Hilfe aus der Luft, beispielsweise durch einen Hubschrauber der Polizei, hilfreich. Von der Luft aus kann das Feuer lokalisiert und die Einsatzkräfte zum Brandherd geleitet werden. Bei größeren Waldbränden in unwegsamen Gelände führt der Einsatz von Löschhubschraubern zu guten Löscherfolgen. Hierzu stehen der Feuerwehr in Hessen Einheiten der Landes- und Bundespolizei zur Verfügung." 
 
O|N: Gibt es eine Art Wald/Baum etc. der besonders anfällig für Waldbrände ist?

"Aufgrund der Trockenheit der letzten Jahre sind dichtstehende Nadelholzbestände - bestehend aus Ficht und Kiefer - besonders anfällig für einen Waldbrand. Diese Bestände sind besonders trocken. Laubholzbestände sind weniger anfällig, weil sie mehr Feuchtigkeit in Holz und Erdreich halten. Derartige Wälder trocknen weniger schnell aus wie reine Nadelholzbestände."
 

O|N: Wie viele Waldbrände sind "natürlich" und wie viele Fremdverschulden? Was sind dahingehend die häufigsten Brandursachen?

"Für den Zuständigkeitsbereich der Feuerwehr Bad Hersfeld gibt es keine statistischen Daten zu der Frage, welche Waldbrände natürliche Ursachen, wie zum Beispiel ein Blitzeinschlag, haben oder durch Fremdverschulden entstanden sind. Die Frage nach den häufigsten Brandursachen lässt sich daher für unseren Ausrückbereich nicht beantworten."
 
O|N: Worauf müssen die Menschen rund um den Wald und im Wald achten? Wie sehen die wichtigsten Verhaltensregeln aus?

"Da gibt es einige. Die wichtigsten sind:

  • Im Wald nicht rauchen
  • keine brennenden Zigaretten oder andere Gegenstände aus (fahrenden) Fahrzeugen werfen
  • kein offenes Feuer im und am Wald entzünden
  • Grillen nur an dafür besonderes ausgewiesenen Grillplätzen
  • Autos nur auf dafür ausgewiesenen, befestigten Parkplätzen abstellen, denn dort herrscht Brandgefahr durch den heißen Katalysator
  • Zufahrtswege nicht blockieren, sodass die Feuerwehr ungehindert zum Einsatzort fahren kann
  • Hinweisschilder im Wald beachten und gesperrte Gebiete nicht betreten"
 
O|N: Abschließende Frage, Herr Selig. Wenn ich einen Waldbrand sichte, wie sollte ich mich dann in diesem Falle der verhalten?

"Je früher ein Waldbrand gemeldet wird, desto besser ist es. Ein Brand kann in seiner Entstehungsphase schnell kontrolliert und gelöscht werden! Daher gilt: Den Brand umgehend über den Notruf 112 melden. Dabei den Brandort so genau wie möglich angeben und auf Rückfragen der Rettungsleitstelle warten. Gegebenenfalls sollte man nach Absprache mit der Rettungsleitstelle an einem zentralen Punkt auf die Einsatzkräfte warten und diese einweisen."

In der jetzigen Trockenzeit ist es umso wichtiger, sich korrekt zu verhalten, um eine solche Katastrophe für die Natur zu vermeiden. Wie schnell ein Waldbrand entstehen kann und was für Gefahren dahinter lauern, sollte also nicht unterschätzt werden. (Mathias Schmidt) +++


Über Osthessen News

Kontakt
Impressum

Apps

Osthessen News IOS
Osthessen News Android
Osthessen Blitzer IOS
Osthessen Blitzer Android

Mediadaten

Werbung
IVW Daten


Service

Blitzer / Verkehrsmeldungen Stellenangebote
Gastro
Mittagstisch
Veranstaltungskalender
Wetter Vorhersage

Social Media

Facebook
Twitter
Instagram

Nachrichten aus

Fulda
Hersfeld Rotenburg
Main Kinzig
Vogelsberg
Rhön