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Von links: Museumsdirektor Dr. Markus Miller, Landgraf Donatus und Kunsthistoriker Sven Pabstmann mit drei Exponaten, die im Dritten Reich erworben wurden. - Fotos: Carina Jirsch

EICHENZELL 160 Exponate werden unter die Lupe genommen

NS-Beutekunst im Schloss Fasanerie: Forschungsprojekt soll Klarheit bringen

30.11.22 - "Als allererste Privatsammlung in ganz Deutschland prüft das Museum von Fasanerie derzeit freiwillig, inwieweit sich unter den Exponaten auch NS-Beutekunst befindet", sagte Schlossdirektor Dr. Markus Miller am Dienstag auf einer Pressekonferenz in der Bibliothek der barocken Anlage, an der auch Landgraf Donatus, der Vorstandsvorsitzende der Kulturstiftung des Hauses Hessen, teilnahm.

Zum geschichtlichen Hintergrund: Landgraf Philipp von Hessen, der Großvater von Landgraf Donatus, hatte das Museum 1951 gegründet und dort viele Exponate aus den familiären Besitztümern zusammengetragen. In diese Sammlung flossen aber offenbar auch Exponate, die Landgraf Philipp während der Zeit des Nationalsozialismus privat erworben hatte. Darunter Stücke der beiden jüdischen Bankiers Ottmar Strauss und Rudolf von Goldschmith-Rothschild, die ihre Kunstsammlungen in den Jahren 1934 bzw. 1939 unter dem Druck der Nazis versteigern mussten.

"Das fiel uns selbst auf, als wir 2019 eine große Möbelausstellung hatten", erklärte Dr. Miller. "Zwei kleine Schränkchen konnten unmöglich aus Familienbesitz stammen, sondern mussten den Goldschmith-Rothschilds gehört haben." Nach Kontaktaufnahme mit deren Erben verfestigte sich dieser Verdacht und noch weitere Exponate wie etwa ein Marmorengel müssten nach deren Angaben aus der Versteigerung von 1939 stammen. Parallel dazu erfuhr man aus einem Katalog von 1934, dass auch Kunstwerke aus der Sammlung Ottmar Strauss von Landgraf Philipp gekauft worden waren.

Förderung vom Deutschen Zentrum für Kulturgutverluste

Insgesamt 160 Exponate aus der riesigen Sammlung des Museums sollen nun wissenschaftlich erforscht werden, um deren Herkunft eindeutig zu bestimmen. Diese Aufgabe übernimmt der Kunsthistoriker Sven Pabstmann: "Ich habe mir im letzten Monat erst einmal einen Überblick verschafft. Jetzt geht die Bibliotheks- und Archivarbeit los, dann muss jedes der 160 Exponate auf bestimmte Provinienzmerkmale untersucht werden, und ich muss mich mit Fachkollegen austauschen." Das Projekt ist zunächst auf ein Jahr angelegt und wird vom Deutschen Zentrum für Kulturgutverluste gefördert, das 90 Prozent der Gesamtkosten von 100.000 Euro übernimmt.

Sollte zweifelsfrei geklärt werden, dass es sich bei den 160 Exponaten - oder zumindest einem Teil davon - um NS-Beutekunst handelt, hofft Dr. Miller "auf eine faire und gerechte Lösung". Als Museumsdirektor hänge er an jedem Stück "wie an einem eigenen Kind. Vielleicht kann man ja erreichen, dass die Nachkommen die Exponate dem Museum weiterhin als Dauerleihgabe zur Verfügung stellen. Zumal es sich ja nicht um unschätzbare Werte handelt."

Dass der Ruf seines Großvaters im Nachhinein beschädigt werden könnte, befürchtet Landgraf Donatus nicht: "Ich habe ihn als großen Kunstliebhaber kennen gelernt, der aber auch im Dritten Reich nie die finanziellen Mittel für fragwürdige Käufe im großen Stil hatte." Solchen Spekulationen könne man begegnen durch absolute Transparenz und Offenheit. (Matthias Witzel) +++


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