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Die Umbaumaßnahmen des Alsfelder Bahnhofes verschieben sich um mindestens zwei Jahre. - Fotos: Gerd Ochs

ALSFELD Es scheitert an der Entwässerung

Bürgermeister Paule zutiefst verärgert: Umbau des Bahnhofes verschiebt sich

24.03.23 - Der Alsfelder Bürgermeister Stephan Paule (CDU) ist  - höflich formuliert - gegenwärtig nicht gerade gut auf die Deutsche Bahn und das Wirtschaftsministerium in Wiesbaden zu sprechen. Hintergrund ist, dass die DB ihm mitgeteilt hat, der ursprünglich für 2024 geplante Beginn der Umbauarbeiten des Bahnhofes könne nicht realisiert werden. Stattdessen solle das Projekt voraussichtlich im ersten Quartal 2026 starten - "vorbehaltlich einer ausstehenden Kapazitätsprüfung seitens Vermesser und Planer für die zusätzlich anfallenden Leistungen". Entsprechende Schreiben hat Paule der O|N-Redaktion auf Nachfrage hin zugeleitet.

Der Bahnhof - die DB nennt das Objekt "Verkehrsstation Alsfeld (Oberhessen)"  - soll barrierefrei erschlossen werden, bislang eine Ausnahme im Vogelsbergkreis.

Seitenansicht des Bahnhofes von Alsfeld.

Wie es in dem Schreiben der DB Netze  heißt, werde mit dem geplanten Umbau für die anfallenden Oberflächenwassermengen eine neue Lösung zur Entwässerung erforderlich sein, um die zukünftige Inbetriebnahme sicherstellen zu können. Hierfür wurde ein Anschluss an das städtische Entwässerungssystem geplant. "Der von uns dafür eingereichte Eilantrag bei der Stadt Alsfeld wurde jedoch seitens der Stadt abgelehnt, so dass eine neue Lösung aktuell gefunden und erarbeitet werden muss". 

Ein geotechnisches Gutachten habe ergeben, dass eine Versickerung im Bahnhofsbereich beziehungsweise bahnhofsnahen Umfeld nicht möglich ist. Weitere Untersuchungen hätten gezeigt, dass die einzig verbleibende Lösungsvariante zur Entwässerung der Oberflächenwassermengen die Einleitung in den verrohrten Bach, dem sogenannten "Krebsbach", sei. Dieser liege etwa 1,5 Kilometer vom Bahnhof entfernt. Für diese neue Entwässerungslösung wiederum sei die Planung eines komplett neuen Kanalsystems und somit auch verschiedene Gutachten und Vermessungsleistung vonnöten und sei Grund für die oben erwähnte zeitliche Verschiebung. 

Keine Fördermittel wegen Verzögerung 

Der Bahnhof soll barrierefrei werden - wenn denn die Maßnahmen begonnen haben. ...

Doch damit nicht genug: Das Hessische Wirtschaftsministerium hat der Stadt inzwischen mitgeteilt, dass im Zuge der Verschiebung die entscheidenden Fördermittel des Bundes verwehrt bleiben, weil das entsprechende Bundesförderprogramm dann abgelaufen ist.  Wörtlich heißt es in dem Schreiben der zuständigen Referatsleiterin, das O|N vorliegt: "Dieses Sonderprogramm des Bundes, von dem nur drei Bahnhöfe in Hessen profitieren, hat den großen Vorteil, dass für das Vorhaben vollumfänglich Bundesmittel zur Verfügung stehen und das Vorhaben bei Baurecht unmittelbar umgesetzt werden kann. Das Bundesprogramm hat eine Laufzeit bis 2026, d.h. für die Vorhaben, die in diesem Zeitraum nicht realisiert sind, steht im Grundsatz keine Finanzierung mehr zur Verfügung". 

Aktuell befindet sich das Vorhaben in der Genehmigungsplanung. Nach Angaben der Deutschen Bahn sei, so das Ministerium, für die anfallenden Oberflächenwassermengen eine Entwässerung über einen Anschluss an das städtische Entwässerungssystem geplant gewesen. Dieser Lösung habe die Stadt allerdings nicht zugestimmt.

Bürgermeister Stephan Paule (CDU) ist stinksauer. Archivfoto: O|N/Luisa Diegel

Bürgermeister Stephan Paule in seinem Antwortschreiben an das Hessische Wirtshaftsministerium, mit dem er unter anderem auch die beiden Vogelsberger Landtagsabgeordneten Eva Goldbach (Grüne) und Michael Ruhl (CDU) informiert: "Ich muss Ihnen jedoch mitteilen, dass die Stadt nicht ,einfach so' den Antrag auf Kanalnutzung abgelehnt hat. Vielmehr wurde der DB durch die Stadtwerke Alsfeld unmittelbar nach Anfrage mitgeteilt, dass das vorhandene Kanalnetz über keine Kapazitäten verfügt, an einem so zentralen innerstädtischen Standort zusätzliche Niederschlagswassermengen, insbesondere von der Fläche der gesamten Bahnsteiganlagen, aufzunehmen".
 
Es sei nicht mit gesundem Menschenverstand nachzuvollziehen, warum die Entwässerung des Bereichs seit 1915 (Bau des "neuen Bahnhofsgebäudes") problemlos möglich war, dies die Bahn nun vor anscheinend vor kaum überwindbare Hürden zu stellen scheine.  Ein alter Entwässerungskanal der Bahn zum Krebsbach sei ja noch vorhanden. Inwiefern dieser ertüchtigt werden müsse, könne nur die Bahn ermitteln, die stattdessen (oder deswegen) nun eine zweijährige Bauverzögerung angemeldet hat.

"Totales Organisationsversagen"

Paule weiter: "In vier (!) Jahren seit der Förderzusage 2019 hätte dies längst geprüft sein müssen. Stattdessen wurde erst 2022 das Thema Entwässerung überhaupt adressiert. Ich spreche hier ganz offen von totalem Organisationsversagen in der Planungsverantwortung.  Wenn sich durch dieses Vorgehen die Umsetzung des barrierefreien Ausbaus des Bahnhofs Alsfeld entweder verzögert oder mangels Finanzierung ab 2026 gar nicht mehr realisieren lässt, ist dies ein Armutszeugnis für den gesamten Schienenpersonen-Nahverkehr in unserer Republik. Dies gilt besonders, weil der Bahnhof Alsfeld der einzige Halt im ganzen Vogelsbergkreis ist, der nach bisheriger Projektplanung barrierefrei erschlossen werden soll(te)". 

Schon 2013 (vor zehn! Jahren) habe die Stadt Alsfeld beschlossen, sich sogar selbst finanziell an einem barrierefreien Ausbau zu beteiligen. Dies wurde bis 2019 jedoch nicht einmal begonnen und wir dann auf die Förderzusage des Bundes vertröstet. Das Gebaren der Bahn sei aus Sicht der Stadt keineswegs akzeptabel.

Der Bürgermeister wolle in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der AG Nahverkehr Vogelsbergbahn (AGNV) das Thema auch politisch adressieren. Zu Beginn der Planungsphase für das jetzige Projekt habe die Stadt Alsfeld selbst Planungskosten beigesteuert, um eine Verlängerung der Fußgängerunterführung auf die gegenüberliegende Seite des Empfangsgebäudes zu ermöglichen. Dort sollten P+R Anlagen, Ladestationen sowie Fahrradabstellmöglichkeiten geschaffen werden. Der positiven Vorprüfung folgte die Aussage der Planungsverantwortlichen, dass man dies nicht zusammen mit der Stadt Alsfeld umsetzen werde.

Zornesröte im Gesicht

Paule abschließend: "Wie mit Gemeinden umgegangen wird, die alles in ihrer Macht stehende tun, um den längst überfälligen barrierefreien Ausbau voranzutreiben, treibt mir die Zornesröte ins Gesicht. Letzte Anmerkung: Der Bau der gesamten Vogelsbergbahn Gießen-Alsfeld-Fulda dauerte vor 150 Jahren genau drei Jahre 1868-1871".  (Bertram Lenz) +++


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