20.11.23 - "Wähle einen Job, den du liebst, und du wirst nie wieder arbeiten müssen." Was der chinesische Philosoph Konfuzius so treffend formulierte, ist für unsere "Berufe…"-Serie wie ein Leitfaden. Auch heute geht es wieder um einen persönlichen Traumberuf, der aus einem Hobby, einer Leidenschaft entsprang. Die heute 29-jährige Yara Wedjelek hat mit ihrem Mann vor sechs Jahren die Leipziger Heimat verlassen, weil sich beide in spezieller Form der Musik verschrieben haben.
Yara ist Holzblasinstrumentenmacherin, so die etwas sperrige Berufsbezeichnung. Ihr Arbeitgeber ist einer der Global Player im Blockflötenbau: die Fuldaer Firma Conrad Mollenhauer GmbH, die auf mehr als 200 Jahre Holzblasinstrumentenbau in nunmehr sechs Generationen des familiengeführten Unternehmens zurückblickt. OSTHESSEN|NEWS hat Yara an ihrem Arbeitsplatz im Kohlhäuser Feld besucht.
"Ich habe schon viele Jahre Querflöte gespielt, als ich zum Abi vor der Frage stand, ob ich das vielleicht auch zu meinem Studiengang machen sollte", blickt Yara zurück. "Aber dann dreht sich alles in Theorie und Praxis wirklich nur noch um die Querflöte, daher habe ich mich anders entschieden". In der Stimme liegt die Überzeugung, es im Rückblick richtig gemacht zu haben. "In Leipzig wurde ein Azubi als Holzblasinstrumentenmacher gesucht – das sagte mir zu und ich bekam die Stelle, so blieb das Querflötespielen mein Hobby. Den drei erfolgreichen Ausbildungsjahren folgten zwei Gesellenjahre, bis mein Mann und ich durch einen großen Zufall nach Osthessen verschlagen wurden." Der Zufall hatte eine konkrete Gestalt: eine Stellenanzeige der renommierten Firma Mollenhauer weckte seinerzeit ihr Interesse, und da auch ihr Ehemann eine attraktive Stelle als Orgelbauer bei einem Unternehmen in Ostheim fand, wurde der interdisziplinäre Instrumentenbau zum Brennstoff für den Heimatwechsel. Aus Leipzig wurde die ihnen bis dahin unbekannte Rhön, Yara wurde zur "Mollenhauerin". Der Satz "Wir fühlen uns wohl hier!" ist heute aber mehr als ein Lippenbekenntnis: die beiden haben ein Haus gekauft, das in viel Eigenleistung umgebaut wird. "Der Umbau bedeutet viel Arbeit, aber das macht auch Spaß. Und wir haben einen schönen Garten, der bildet neben dem Spielen der Musik ein weiteres Hobby."
Meister-Ausbildung
Yaras Zeitbudget wird derzeit allerdings noch von der Meisterschule gestresst. Bei den Handwerkskammern München und Kassel will sie 2024 den Titel der Holzblasinstrumentenmacher-Meisterin erreichen. "Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, einen anderen Beruf auszuüben – das ist mein Traumberuf!", versichert sie. In Leipzig reparierte sie alle Holzblasinstrumente vom Fagott bis zur Klarinette, daher verfügt sie über sehr umfangreiche Erfahrungen in einer großen Instrumentenbandbreite – was ihr heute zugutekommt. Bei Mollenhauer ist im Wesentlichen "nur noch" die Blockflöte ihr Metier. Ihre Funktion liegt im Metallbereich: sie baut die Klappen auf den Instrumentenkörper oder bearbeitet die "Säulchen", in denen die Klappen hängen. Außerdem stimmt und intoniert sie die Instrumente in der finalen Phase, sie bearbeitet den Kopf: "Hier erhält die Flöte den Klang!"
Das muss für einen Instrumentenbauer ein besonderes Gefühl sein. Für viel Abwechslung sorgt der Umstand, dass sie nicht nur im Instrumenten-Neubau, sondern auch im Reparaturbereich tätig ist, dann auch von Fremdfabrikaten. "Man muss bei der Problemlösung auch mal erfinderisch und kreativ sein, braucht Feingefühl und Geduld in meinem Beruf – das liegt mir ganz gut! Es ist wirklich sehr facettenreich, und auch die Instrumente haben eine Riesenbandbreite von winzig klein bis zum knapp zwei Meter großen Großbass." Wir gehen durch den Werkstatt- und Lagerbereich, wo Yara mit einem Kollegen einen beeindruckenden "Denner- Großbass" aus dem schmuckvollen Koffer holt und zusammenbaut. Wein Wow-Moment für jeden Laien.
Natürlich ist Yara ein wenig stolz darauf, bei einer so renommierten Firma zu arbeiten: "Mollenhauer ist weltweit bekannt, wir exportieren neben dem europäischen Markt auch zu Händlern in den asiatischen und amerikanischen Raum. Die Kundenspanne reicht vom Anfänger bis zum Spitzenprofi – jeder, der Blockflöte spielt, kennt Mollenhauer. Das gibt einem als Mitarbeiter ein gutes Gefühl. Etliche Profis kommen für Reparaturen oder für individuelle Änderungswünsche auch gerne persönlich hierher und schätzen unseren Service."
Das sagt der Profi…
Ein solcher Profi der internationalen Spitzenklasse hat O|N auf Anfrage sehr gerne seine Gedanken zu den Mollenhauer-Blockflöten übersandt: Der als "Paganini der Blockflöte" bekannte Schweizer Maurice Steger. Er übermittelte sehr spontan von einem Tourneeaufenthalt aus Bangkok:
Die Belegschaft der Firma Mollenhauer in 2021 Foto: Fa. Mollenhauer
Maurice Steger, der „Paganini der Blockflöte“
"Am meisten gefällt mir an der Firma Mollenhauer die Vielfalt ihrer Produkte innerhalb der vielen Blockflötentypen. Die Mitarbeitenden in diesem Traditionsbetrieb forschen nach neuen Klängen und modernen Spielanwendungen und kreieren gerade noch nie dagewesene Blockflöteninstrumente. Sie fertigen aber auch Instrumente für den Unterricht und das Ensemblespiel an, sie kopieren alte Modelle aus Renaissance und Barock und bauen Blockflöten, die diesen Klangidealen entsprechen und sie kümmern sich um Spezialitäten im Bouquet der verschiedenen Typen: Innovation pur."
Einen O|N - Konzertbericht zu Maurice Steger im Rahmen des zurückliegenden Nieder-Mooser Konzertsommers finden Sie hier: Maurice Steger und die Blockflöte – Virtuosität an der Grenze zur Artistik - Osthessen|News (osthessen-news.de)
Der „Denner-Großbass“ wird aus mehreren Teilen zusammengesetzt
Hintergrund: das Unternehmen Conrad Mollenhauer
Anlässlich des 200-jährigen Bestehens des Familienunternehmens im vergangenen Jahr nannte die Firma Mollenhauer folgende Zahlen: in 2021 wurden mit 36 Mitarbeitern knapp drei Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet. Die Firma stellt fast 30.000, teils handgefertigte, hochwertige Holzblasinstrumente im Jahr her. Die Exportquote beträgt 40 Prozent. Mollenhauer Blockflöten werden in über 40 Ländern vertrieben. Geschäftsführer sind Berthold Mollenhauer und Stefan Kömpel. (goa) +++
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