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Klinikum Gersfeld feiert Zehnjähriges - Aus der Insolvenz zur Erfolgsgeschichte
11.06.24 - Ärztliche Versorgung mitten im Grün: Das Klinikum Gersfeld feiert dieses Jahr sein zehnjähriges Bestehen und hat eine bemerkenswerte Entwicklung vorzuweisen. Damals noch mitten in der Insolvenz, ist es heute aus der Rhön nicht mehr wegzudenken. "Es ist eine Erfolgsgeschichte, in der viel Engagement und Arbeit steckt", betont Dr. med. Thomas Menzel, Sprecher des Vorstands des Klinikum Fulda zusammen mit Jan Garlepp, Geschäftsführer und ärztlicher Direktor im Klinikum Gersfeld im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS.
Von der Insolvenz zur Erfolgsgeschichte "Es ist eine Erfolgsgeschichte", betont Menzel gleich zu Anfang. "Vor zehn Jahren wurde das Klinikum Gersfeld von uns aus der Insolvenz heraus erworben. Damals haben wir ein Medizinkonzept erstellt, das dann von Herrn Garlepp und seinem Team umgesetzt wurde. Im pflegerischen und ärztlichen Bereich war zu der Zeit eine echte Aufbruchsstimmung zu spüren. Daher konnten wir das Krankenhaus schnell umstrukturieren und wirtschaftlich konsolidieren", so Menzel und hebt dabei das enorme Engagement und die Motivation von Garlepp hervor, ohne die dieser Erfolg nicht möglich gewesen wäre.
Im Klinikum Gersfeld arbeiten niedergelassene Ärzte aus Gersfeld, Bad Neustadt und Fulda sowie die Ärztinnen und Ärzte aus Abteilungen des Klinikums Fulda. Insgesamt sind knapp 60 Mitarbeiter fest angestellt, während etwa über 120 Personen in verschiedenen Bereichen des Klinikums tätig sind. "Nach der Übernahme war die Sorge bei den Arbeitnehmern bezüglich ihres Arbeitsplatzes natürlich groß. Wir haben aber gleich klar kommuniziert, dass wir alle an Bord halten wollen und uns freuen, wenn sie sich auch für ihren Arbeitsplatz einsetzen. Dies wurde zu jederzeit gelebt und wir haben daher wenig Fluktuation. Es sind von damals noch fast alle da." Bis zu 34 Patienten können stationär aufgenommen werden - egal ob privat oder gesetzlich krankenversichert.
Hoher Patientenkomfort und elektives System Die Besonderheit bei dem medizinischen Konzept für Garlepp: Ein elektives System gepaart mit hohem Patientenkomfort. "Wir sitzen hier mitten in der Rhön, mit einem wunderbaren Ausblick. Dies bedeutet, dass die Patienten für planbare und nicht dringliche Operationen aufgenommen werden. Das Klinikum fokussiert sich auf orthopädische und neurochirurgische Eingriffe sowie einfache und komplexe Schmerztherapien - alles rund um den Bewegungsapparat. Diese Spezialisierung ermöglicht eine hohe Planbarkeit, Terminsicherheit und kurze Wartezeiten, was besonders bei den Patienten geschätzt wird", erklärt der Geschäftsführer gegenüber O|N. "Wir haben uns diesen guten Ruf erarbeitet."
"Ein Unterschied, wie gut das Team zusammenarbeitet und wer die Führung übernimmt" Dennoch sei das Klinikum kein Selbstläufer. "Die größte Herausforderung bestand darin, geeignete Kooperationspartner zu finden, medizinische Standards und Konzepte zu etablieren und das Vertrauen der Patienten zu gewinnen. Das haben wir dank unseres hervorragenden Pflegepersonals und eines insgesamt hoch motivierten Teams geschafft. Das ist unser größtes Kapital", betont Garlepp. Die positiven Rückmeldungen der Patienten – von 4.000 verteilten Fragebögen gab es nur vier negative Bewertungen – sprechen für sich. Für Menzel ist es daher nicht verwunderlich, dass das Klinikum Gersfeld gestärkt aus der Insolvenz hervorgegangen ist. "Es macht einen Unterschied, wie gut das Team zusammenarbeitet und natürlich auch, wer die Führung übernimmt. Heute sind wir hier sogar in der Lage, nicht nur kostendeckend zu arbeiten, sondern auch kleine Überschüsse zu erwirtschaften und diese wieder in die medizinische Infrastruktur zu investieren.
Eigene Ausbildung und attraktive Arbeitsbedingungen als Reaktion auf Fachkräftemangel Doch wie sieht es in Gersfeld mit dem Fachkräftemangel aus? "Es gibt immer wieder Phasen, in der wir auch suchen, das ist klar. Pflege ist weiblich - und da wir ein junges Team haben, müssen wir als Arbeitgeber auch Schwangerschaftsphasen überbrücken, was wir bisher immer ganz gut geschafft haben", resümiert Garlepp.
Menzel ergänzt: "Der Markt für Fachkräfte folgt der demografischen Entwicklung: viele Babyboomer gehen in Rente und die Anzahl der jungen Leute, die nachkommen müssen, reichen nicht aus, um die Abgänge zu kompensieren. Das ist hier nicht anders als in Fulda. Daher versuchen wir dem auch mit Auszubildenden in allen Bereichen entgegenzuwirken, was wir an beiden Standorten aktiv tun. Wir wollen attraktive Arbeitsbedingungen schaffen. Dabei zählt nicht nur das Geld, sondern auch Flexibilität bei der Dienstplangestaltung, das Arbeitsumfeld und ein hoher medizinischer Standard. Dies reicht zwar nicht immer, aber es macht das Problem kleiner. Dennoch wird uns die Personalgewinnung und- bindung die nächsten Jahre noch zunehmend beschäftigen", mahnt er und gibt zusätzlich eine eigene Prognose.
Weniger Krankenhäuser, mehr Personal
"Ich glaube, dass wir auch deshalb eine Krankenhausreform benötigen. Die wurde in der Politik bereits angestoßen und hat zum Ziel, mit weniger Krankenhäusern auszukommen. Die Fachkräfte verteilen sich auf die verbliebenen Krankenhäuser und der Mangel wird abgemildert. Das Klinikum Gersfeld steht auch in dem Zusammenhang gut da, weil es als Außenstelle dem Klinikum Fulda hilft und es entlastet."
Räumlichkeiten am Limit
Trotzdem stellt Garlepp mit dem Blick in die Zukunft fest: "Wir sind mit dem, was wir leisten, am Wachstumslimit angekommen." Zwar sei man für die ein oder andere Bettenerweiterung, in besondere im Bereich der Schmerztherapie bereits im Gespräch mit dem Landkreis, doch würden die Räumlichkeiten für mehr nicht ausreichen. "Die niedergelassene Versorgung ist natürlich auch immer ein Thema, es gehen immer mehr Praxen eine Nachfolge zu finden. Aktuell haben wir drei zusätzliche Praxen hier untergebracht und sind auch da bereits am räumlichen Limit." Auch Menzel stimmt dem zu. "Die Nachfrage ist da, aktuell ist der Flaschenhals tatsächlich die Räumlichkeit. Wir müssen erweitern. Die Planung gab es schon vor Corona, inzwischen müssen wir aber dieses Vorhaben samt Baukosten neu kalkulieren." Große Umbaumaßnahmen seien zwar dementsprechend aktuell nicht in Sicht, doch gäbe es eine, wenn auch kleine, Veränderung in diesem Jahr.
Klinikum Fulda bald neuer "offizieller" Arbeitgeber "Wir haben das Paradoxon, hier in zwei Krankenhäusern zu sitzen. Einmal die Außenstelle Klinikum Fulda und das Klinikum Gersfeld. Das ist ein irrer administrativer Aufwand, den wir dieses Jahr bereinigen wollen. Zum Zeitpunkt der Übernahme blieb uns keine andere Möglichkeit, als dieses Konstrukt so zu machen und das Klinikum Gersfeld als gesellschaftsrechtliche Form zu erhalten - das war so gewünscht", erklären die Funktionäre. Zehn Jahre später soll nun die Gesellschaft Klinikum Gersfeld GmbH mit der Klinikum Fulda gAG miteinander verschmolzen werden. "Es ist ein juristisches Verfahren, welches bereits eingeleitet wurde und zum 01.01.2024 rückwirkend vollzogen wird." Beide betonten hierbei jedoch ganz klar: "Es ändert sich nichts an dem, was wir hier tun. Das Klinikum Gersfeld bleibt unverändert. Die Mitarbeiter sind dann lediglich beim Klinikum Fulda angestellt, das schon immer im Hintergrund ihr Arbeitgeber war."
Interessierte können sich derweil auf den 15. Juni freuen - dem Tag der offenen Tür im Klinikum Gersfeld. "Hier hat man dann die Möglichkeiten eine dargestellte Operation im Betrieb zu beobachten oder sich Fachvorträge aus verschiedenen Bereichen anzuhören. Dies wurde bereits in der Vergangenheit sehr gut aufgenommen. Uns bleibt letztendlich auf schönes Wetter zu hoffen, dann ist das hier bei uns am Klinikum einfach nur traumhaft." (ms) +++