"Make Amazon Pay Day": Beschäftigte kämpfen für bessere Zukunft
30.11.24 - Rund die Hälfte der angekündigten 1.200 Streikenden waren in die Kreisstadt Bad Hersfeld zum internationalen Amazon-Streik gekommen. Zunächst gab es dabei zwei Demonstrationszüge durch die Stadt, bevor die Protestaktion in der Schilde-Halle am späten Vormittag begann.
Dabei standen vor allem die besseren Arbeitsbedingungen und ein Tarifvertrag im Fokus der Forderungen. Neben Gewerkschaftern, auch aus dem Ausland, wurden ebenfalls zu den anderen deutschen Standorten geschaltet.
"Wir fordern für die Amazon-Beschäftigten rechtsverbindliche Tarifverträge, die Schluss machen mit einer Bezahlung nach Gutsherrenart. Durch den unermüdlichen Druck der Beschäftigten hat der Online-Händler in den letzten Jahren dennoch die Gehälter und Löhne immer wieder erhöhen müssen. Die Arbeitsbedingungen konnten so in vielen Bereichen verbessert werden", erklärte Silke Zimmer, für den Handel zuständiges Verdi-Bundesvorstandsmitglied, in einer kämpferischen Rede in der Bad Hersfelder Schilde-Halle.
Internationale Gäste in der Schilde-Halle
Zu dem internationalen Streik waren auch Unterstützer aus den Amazon Fulfillment Centern in den USA, Großbritannien, Schweden und Italien nach Osthessen gekommen.Silke Zimmer verwies zudem, dass vor über zehn Jahren der erste Streik in Bad Hersfeld stattgefunden habe und es seitdem viele Erfolge vorzuweisen geben. Dennoch stellte sie klar: "Neben der Forderung, die Flächentarifverträge des Einzel- und Versandhandels anzuerkennen, fordern wir auch einen Tarifvertrag für gute und gesunde Arbeit. Denn die Beschäftigten berichten uns von einem enormen Leistungsdruck, von einer erschöpfenden Arbeitsverdichtung und von einer Überwachung am Arbeitsplatz, die ein Klima der Angst erzeugt, insbesondere in den Logistikzentren. Deshalb kämpfen wir zusammen mit den Beschäftigten für gute Arbeitsbedingungen, für Respekt und für Anerkennung", ergänzte Zimmer weiter. Zum Abschluss ihrer Rede skandierte sie dann gemeinsam mit den Streikenden: "Make Amazon pay, make Amazon pay."
Kampf für Tarifvertrag findet in der ganzen Welt Widerhall
Die Streikaktion in Bad Hersfeld war zudem die Streikaktion der internationalen Kampagne "#MakeAmazonPayDay" des internationalen Gewerkschaftsdachverbandes im Dienstleistungssektor UNI Global, mit dem Verdi die Protestaktion gemeinsam ausrichtet. Christy Hoffmann, die Generalsekretärin von UNI Global: "Egal, wie viel Geld große Konzerne wie Amazon ausgeben, um uns zu bekämpfen, sie können die Macht der Beschäftigten nicht brechen. In Deutschland kämpft Verdi mit den Amazon-Beschäftigten seit über einem Jahrzehnt für Tarifverträge – ein Kampf, der auf der ganzen Welt seinen Widerhall findet. Von Indien bis in die Vereinigten Staaten, von Großbritannien bis Kanada erheben sich die Beschäftigten gegen Ausbeutung und Einschüchterung durch das Unternehmen. Der 'Make Amazon Pay Day' demonstriert unsere Einigkeit und unsere Tatkraft. Kein Unternehmen – und sei es noch so mächtig – kann die Forderung der Beschäftigten nach Gerechtigkeit zum Schweigen bringen."Auch weitere Gewerkschafter, sowie andere Amazon-Standorte kamen über den gesamten Mittag zu Wort und legten ihre Standpunkte den Beschäftigten des Logistik-Giganten dar. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Awet Tesfaiesus sprach ebenfalls in der Schilde-Halle und prangerte dabei an, dass bei Amazon prekäre Arbeitsbedingungen herrschen würden. "Für Migranten, deren Bildungsabschlüsse in Deutschland oft nicht anerkannt werden und der Zugang zum formellen Arbeitsmarkt erschwert ist, ist die Logistik oft die einzige Chance, um sich in Deutschland eine Zukunft aufzubauen. Sie sind zwingend auf einen Arbeitsvertrag angewiesen, um ihren Aufenthalt zu sichern und die Familie nachholen zu dürfen. Für viele von ihnen und viele andere Menschen hier bei uns in Nordhessen ist Amazon die einzige Chance. Darum ist die Beschäftigung bei Arbeitgebern wie Amazon eine Verlockung mit bitterem Nachgeschmack", ergänzte die Bundestagsabgeordnete zudem.
Bereits im Vorfeld des Streikes am "Black Friday" fragte OSTHESSEN|NEWS bei Amazon für eine Stellungnahme an. Die Pressestelle des US-Logistikunternehmens erklärte schriftlich: "Kundinnen und Kunden können sich auf schnelle und zuverlässige Lieferungen ihrer Weihnachtsbestellungen verlassen. Dafür sorgen wie immer unsere eingespielten Teams in der Logistik. Die Kolleginnen und Kollegen profitieren von fairen Löhnen und guten Zusatzleistungen. Der Einstiegslohn bei Amazon in Deutschland liegt bei 15 Euro brutto pro Stunde aufwärts. Dazu gibt es viele Extras, wie die Förderung von Weiterbildungsmaßnahmen mit bis zu 8.000 Euro, die Kostenübernahme des 49-Euro-Tickets und betriebliche Altersvorsorge. Nicht umsonst ist die Hälfte der Kolleginnen und Kollegen schon seit über fünf Jahren bei uns. Das bedeutet uns als Unternehmen viel."
Weitere Eindrücke des Streikes in Bad Hersfeld erhalten Sie später am Nachmittag in einem Videobeitrag. (Kevin Kunze)+++